Jubiläum: Information & Orientierung seit 75 Jahren
Die österreichischen Kirchenzeitungen feiern in diesem Jahr ein denkwürdiges Jubiläum: sie erschienen vor 75 Jahren zum ersten Mal bzw. zum ersten Mal wieder nach dem Kriegsende 1945. Seither boten und bieten sie gleichermaßen Information und Orientierung und stellen heute mit rund 500.000 Leserinnen und Lesern Woche für Woche eine wichtige publizistische Größe in Österreich dar. Einblicke in die wechselhafte (Erfolgs)Geschichte der Kirchenzeitungen sowie in ihre aktuellen digitalen Weiterentwicklungen bietet das Magazin "inpuncto meine kirchenzeitung" in seiner aktuellen Ausgabe, die ganz diesem 75-Jahr-Jubiläum gewidmet ist.
Unter den Gratulanten, die dabei zu Wort kommen, sind u.a. der Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Gerald Grünberger, sowie die Vorsitzende des Verbandes Katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs, Gabriele Neuwirth. Grünberger würdigt die Kirchenzeitungen als wichtige publizistische Größe im Land, "die seit vielen Jahren im Verband Österreichischer Zeitungen Wertschätzung finden", nicht zuletzt, da sie ein "Gegenmodell" zu vielen anderen Medien darstellten, die rein auf Infotainment und "marktschreierische Skandalisierung" setzen. Neuwirth betont ihrerseits die Funktion der Kirchenzeitungen als "Runde Tische der Diözesen", die ihren Lesern jene "Ausrüstung" böten, die es brauche, um "mit ihrer christlichen Haltung am Stammtisch nicht unterzugehen".
Neustart auf den Trümmern des Krieges
Auf den Tag genau vor 75 Jahren - am 21. Oktober 1945 - erschien die erste Ausgabe des damaligen "Wiener Kirchenblatts" - des Vorgängers der heutigen Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Dabei kann die Wiener Kirchenzeitung auf eine wesentliche längere Geschichte zurückblicken, stellt sie doch die älteste Kirchenzeitung des Landes dar, deren Wurzeln bis ins Jahr 1848 zurückreichen: Nachdem sie aus finanziellen Problemen 1874 eingestellt und 1918 dann zunächst als "Wiener Kirchenblatt" neu erschien, sollte bis in die 1930er-Jahre eine Erfolgsgeschichte folgen, in der sie ihre Auflage bis zu 135.000 Exemplare steigerte. Nach dem "Anschluss" an Hitler-Deutschland durfte die Zeitschrift zunächst als "Bistumsblatt der Erzdiözese Wien" weiter erscheinen - allerdings inhaltlich stärker seelsorglich orientiert. 1941 wurde das Blatt schließlich "aus kriegswirtschaftlichen Gründen" eingestellt - und am besagten 21. Oktober 1945 mit einer Auflage von 100.000 Stück neu aufgelegt.
Auf ähnliche Geschichten eines Anfangs bzw. Neuanfangs nach dem Krieg können auch die weiteren Kirchenzeitungen zurückblicken: So erschien am 8. November 1945 erstmals das "Kärntner Kirchenblatt" - heute "Sonntag". Heute wie damals verstehe sich der "Sonntag" als "Medium zwischen den Organisationen des Glaubens, also der Kirche, und natürlich den Menschen", schreibt im "inpuncto" der aktuelle Chefredakteur des "Sonntag", Gerald Heschl. Wenige Wochen später - am 1. Jänner 1946 - erschien auch das "Kirchenblatt für die Diözese St. Pölten" - heute "Kirche bunt" - erstmals. Eine besondere Herausforderung für das damals zunächst mit einer Auflage von 15.000, später von 45.000 Exemplaren erscheinende Blatt stellte die Zensur dar, erschien das Blatt doch in der sowjetischen Besatzungszone. Die Namensänderung auf "Kirche bunt" ging im Übrigen auf eine weitere Besonderheit zurück: So war die St. Pöltner Kirchenzeitung 1960 eine der ersten Zeitungen des Landes überhaupt, in der farbige Seiten erschienen.
Schwarzbrot fürs Hirn
Auf manche "Sternstunden" der Linzer "KirchenZeitung" blickt außerdem Chefredakteur Heinz Niederleitner zurück. Dazu zählte die Berichterstattung über das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) ebenso wie die Berichte über die Linzer Diözesansynode (1970-72), den "Dialog für Österreich" (1997-98), die Seligsprechung Franz Jägerstätters 2007 oder die Papstbesuche in Österreich. Ziel der am 28. Oktober 1945 erstmals als "Linzer Kirchenblatt" erschienenen Zeitung sei es bis heute, Raum für "das freie Wort in der Kirche" zu bieten, so Niederleitner in Anlehnung an Karl Rahner. Insofern sei die "KirchenZeitung" auch keine "elektronische Kanzel", sondern verstehe sich als "runder Tisch" der Diözese.
Der Langzeit-Chefredakteur des steirischen "Sonntagsblatts", Herbert Meßner, erinnert in seinem Beitrag für das "inpuncto" an den Auftrag, den ihm der damalige steirische Bischof Johann Weber mit auf den Weg gegeben hat: "Gestaltet das Sonntagsblatt nicht wie allzu Süßes, sondern wie Schwarzbrot, mit einer gesunden Botschaft, die dem Glauben und dem Leben der Menschen dient." Ein Auftrag, dem das "Sonntagsblatt", das am 16. September 1945 erstmals erschien, treu geblieben sei. Ebenfalls im September 1945 - am 2. September - erschien erstmalig das Tiroler "Kirchenblatt". Das eröffnende "Grüß Gott" der ersten Ausgabe sei ein bewusstes politisches Statement gewesen, berichtet Chefredakteur Gilbert Rosenkranz: "Als Gegenbild zum Hitlergruß brachte es die große Dankbarkeit für die wiedergewonnene Freiheit zum Ausdruck".
Gemeinsam in die digitale Zukunft
Die neun diözesanen österreichischen Kirchenzeitungen erreichen - zusammen mit dem kroatischsprachigen "Glasnik" im Burgenland sowie der slowenischsprachigen "Nedelja" in Kärnten - bei einer Auflage von rund 200.000 Exemplaren österreichweit Woche für Woche rund 500.000 Leserinnen und Leser. Damit zählen sie zu den wichtigsten und am weitesten verbreiteten Printmedien des Landes. Seit 45 Jahren arbeiten außerdem die Kirchenzeitungen in Feldkirch, Innsbruck, Linz und Eisenstadt in einer Kooperationsredaktion zusammen.
Heute stehen die Kirchenzeitungen - wie andere Zeitungen auch - vor der Herausforderung, die Digitalisierung als Chance zu nutzen, um neue Leserinnen und Leser zu gewinnen bzw. neue Zielgruppen zu erschließen. Auch diesem Thema widmet sich das aktuelle "inpuncto meine kirchenzeitung" - etwa durch Hinweise auf zwei Innovationen, die zuletzt online gegangen sind: So wurde im vergangenen Jahr erfolgreich das neue gemeinsame Portal www.meinekirchenzeitung.at gelauncht und heuer eine gemeinsame E-Paper-App "Meine Kirchenzeitung" veröffentlicht.
Quelle: Kathpress, 21. Oktober 2020